Pfarrers Kinder – Punks, Politiker und Philosophen

Regie: Angela Zumpe / 84 min. / 2017 / Deutsch (UT: Englisch) / Deutschland

„Pfarrers Kinder“ bietet einen Blick hinter die Kulissen: Was bedeutet es, Pfarrerskind zu sein? Folgen Sie den lustigen, traurigen und absurden Geschichten.

Regie: Angela Zumpe
Buch: Angela Zumpe
Kamera: Peter Petrides, Hanno Rank
Schnitt: Markus Stein
Produktion: MiriquidiFilm, paste up production

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Die Erwartungen einer Kirchengemeinde an eine Pfarrerstochter in den 60ern ist leicht zu benennen: Weniger frech als ihre Freundinnen hatte sie zu sein, weniger lustig und weniger egoistisch. Hier waren Spannungen vorprogrammiert.
Die Filmemacherin Angela Zumpe, beginnt ihre Erzählung aus der Perspektive der pubertierenden 16 Jährigen, die raus will aus dem Pfarrhaus. Die 70er Jahre sind noch geprägt von den Studentenunruhen der ´68er. Im Film setzt sie ein Mosaik aus alten Fotos, vom Vater gedrehten Super-8 Aufnahmen und Fragmenten aus der jeweiligen Zeit zusammen, geleitet durch die Suche mit ihren ProtagonistInnen: Was ist noch dran am Mythos PFARRHAUS? Die »protestantischen« Anforderungen an ein vorbildliches Leben haben auch ihre komischen Seiten, aber auch die dunklen Ecken im Pfarrhaus werden ausgeleuchtet. Wir treffen u.a. eine ehemalige DDR-Punkerin, den Jung-Pfarrer in der Prignitz, der 11 Gemeinden betreut und nie Pfarrer werden wollte wie sein Vater und den Publizisten, der sich an die Wortgewandtheit des Pfarrervaters erinnert, der ihn an einem lebensgeschichtlichen Wendepunkt des Sohnes – seinem homosexuellen „Outing“ – mit stillschweigendem Einverständnis überraschte.

CAST
Hans Hütt – Autor, Mechthild Katzorke – Filmmacherin, Elisabeth Bürger, Pfarrer Valentin Kwaschik, Dr. Markus Meckel, Dr. Eckart von Klaeden

CREW
Regie: Angela Zumpe
Buch: Angela Zumpe
Kamera: Peter Petrides, Hanno Rank
Schnitt: Markus Stein
Ton: Björn Geldermann
Musik: Ilja Coric
Produktion: MiriquidiFilm, paste up production

Gefördert von: BKM

Angela Zumpe studierte von 1973 bis 1981 an der Hochschule der Künste Berlin bei Rudolf Kügler, Fred Thieler und Hans-Jürgen Diehl und wurde 1981 bei letzterem Meisterschülerin. Im Jahre 1977 wurde sie in den Berufsverband Bildender Künstler Berlin aufgenommen und sammelte seitdem reichlich Ausstellungserfahrungen, darunter in der Großen Münchener wie der Großen Düsseldorfer Kunstausstellung. Ihr erstes Staatsexamen im Fach Kunsterziehung legte sie 1981/82 ab. Nach dem Studium ging sie mit einem Jahresstipendium des DAAD nach New York City, um an der New York University, Institute of Film and Television, Film zu studieren.

1991 gründete sie Paste Up Productions, eine Firma für digitale Bildbearbeitung und experimentelle Videoarbeiten. 1991/92 arbeitete sie als Film-Designerin für die Sender SFB, rbb, RIAS TV, Deutsche Welle, MDR und Sat1. Anschließend wurde sie Artdirector für den neu gegründeten Nachrichtensender n-tv und entwickelte dort das Corporate Design.

Sie war Dozentin für Digitale Bildgestaltung an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB). Nach Professuren in Stuttgart, Mainz und Essen ist sie seit 1998 Professorin für Audiovisuelle Medien im Fachbereich Design der Hochschule Anhalt in Dessau. Dort rief sie 2012 das Kurzfilmfestival schnongs! ins Leben. Sie ist Mitglied der AG-Dok.

Videoessays, Videoinstallationen, Kinofilm und Fernsehen
1991: Steinwelt (Videoessay Stoneworld Video, 7,5 min., unter Verwendung von Zitaten aus Die Besiegten von Peter Weiss, Paste Up Productions)
1992: Accidents Will Hapen (Videoessay, 8 min., Produktion des Neuen Berliner Kunstvereins/Video-Forum)
1993: Der Sturm (Prolog)
1996: Vortex – 24 Hours Berlin (Video zum Klangkunst-Festival Sonambiente)
2001: Lyrikclips (Visualisierte Gedichte, Projekt mit Studenten, Bauhaus Dessau)
2002: Westausgang (Videoprojekt, gefördert vom Filmfond Sachsen-Anhalt)
2002: Dissolving Views (Videoinstallation auf der Mülheimer Medienmeile)
2003: Westausgang – Transformationen einer Region (5-Screen-Videoinstallation), in Kooperation mit der Transmediale Berlin, Play_gallery for still and motion pictures
2004: Das andere Amerika, dokumentarische Videoinstallation, Premiere Akzente Duisburg, Filmfestival Łagów, Play_gallery for still and motion pictures
2005: Farben des Alterns – Colors of Ageing, in Kooperation mit der Stiftung Bauhaus Dessau
2007: Flüsterspiel, Videoassay, 30 min.
2010: Transit (Dokumentarfilm, 80 min., Produzent: Cine Impuls Leipzig, Co-Produzent: Paste Up Production, gefördert von MDM, SLM, in Kooperation mit dem MDR; bundesweiter Kinostart durch Basis-Film Verleih)[6]; Online bei www.alleskino.de
2017: Pfarrers Kinder – Punks, Politiker und Philosophen (Dokumentarfilm, 84 Min., Ko-Produktion paste up production/MiriquidiFilm, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM Luther 2017))

Kürzlich fand ich einen Artikel, warum „wir Pfarrerskinder“ scheinbar eine Mission haben, in dem Angela Merkel, Gudrun Ensslin und andere prominente Pfarrerskinder als Beweis herangezogen werden. Klischee oder nicht, ich habe mich manchmal gefragt, ob es vielleicht auch für mich wiederkehrende Erfahrungen gibt, die ich bei meinen ProtagonistInnen gefunden habe und die mich an meine eigene Kindheit erinnert haben.

Oft war ich allein mit meinem 6 Jahre älteren Bruder, weil meine Mutter meinen Vater bei der Gemeindearbeit unterstützte. Der Gemeindesaal war in der damals neu gegründeten Bonhoefer-Gemeinde in Berlin-Lankwitz Teil des Wohnkomplexes, in dem auch Gemeindeschwestern, Kindergarten und Jugendleiterin beherbergt waren. Alle mischten sich mehr oder weniger in unsere Erziehung ein. Was wohl die Leute sagen, war immer mit am Tisch, selbst wenn gar keine Gäste da waren.

„Ich bin gegen Gewalt, egal ob sie von rechts oder links kommt! Mehr gibt es nicht zu sagen.“ Damit blockt der Vater jedes weitere Gespräch mit dem aufbegehrenden Bruder ab. Eine Geschichte, die mein Vater immer wieder gern variantenreich zum Besten gab, war die vom Gnadenschus. Im Krieg erlitt es als er als Funker im Krieg einer Schußverletzung, die nur knapp an seinem Herzen vorbei ging und zur Lähmung der linken Hand führte. Damit war der Krieg für ihn vorzeitig beendet. Er begründete damit seine Entscheidung Pfarrer zu werden, als Wink Gottes sozusagen. Für meinen Bruder war das nur eine weitere ärgerliche Rechtfertigung für die Passivität meines Vaters während der NS-Zeit.
Ich kann mich an die Erregung erinnern, in der die immer wiederkehrenden Diskussionen zwischen mit meinem Vater und meinem Bruder stattfanden. Das Ganze gipfelte in dem demonstrativen Kirchenaustritt meines Bruders und einer Polemik, die er mit dem Titel „Warum ich aus der Kirche austrete“ überschrieb und mit Nietzche- und Marxzitaten anreicherte und meinem Vater vor die Füße knallte.

Im Nachhinein passt diese Geschichte in die Ende ´68 üblichen Auseinandersetzungen zwischen Vätern und Söhnen. Nur das sie eben im Pfarrhaus noch verschärfter geführt wurde: selbst in der Abkehr hatte der Protest etwas verschärftes, fanatisches, gegen die von den Eltern (und in der höheren Instanz von Gott) formulierten Anstandsgebote: Im gläserenen Pfarrhaus musste das Leben vorbildhaft gelingen und ging doch gerade deshalb oft ziemlich schief.

Die Beispiele die ich für meinen Film gefunden habe, sind lustig, widersprüchlich und absurd. Er ist auch eine Emanzipationsgeschichte aus einem bildungsbürgerlichen, spannungungsgeladenen Umfeld, aus dem es sowohl ein kreatives Entkommen, als auch Beispiele drastischen Scheiterns gab.

Angela Zumpe Berlin, 2017

PRESSE

FESTIVALS
Kassel Dokfest 2017