Für einen formoffenen Dokumentarfilm im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

docfilm42 e.V. beteiligt sich an der aktuellen medienpolitischen Debatte und hat 10 Punkte zu den geplanten Änderungen im Medienstaatsvertrag veröffentlicht.

Bis zum 14. Januar 2022 bestand die Möglichkeit, den „Diskussionsentwurf zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ der Rundfunkkommission der Länder vom November 2021 zu kommentieren.

Diskussionsentwurf der Rundfunkkommisssion der Länder: hier einzusehen

 

Stellungnahme

der Dokumentarfilminitiative docfilm42 e.V.

zum „Diskussionsentwurf zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“

 

Die Dokumentarfilminitiative docfilm42 e.V. positioniert sich mit dieser Stellungnahme zum „Diskussionsentwurf zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ der Rundfunkkommission der Länder vom November 2021.

docfilm42 e.V. ist eine von Filmschaffenden im Jahr 2020 gegründete Plattform, die vor allem unabhängig produzierten Dokumentarfilmen zu mehr Sichtbarkeit verhilft. Der Verein ist ehrenamtlich organisiert. docfilm42 e.V. ist das Schaufenster für den formoffenen Dokumentarfilm. Auf der Plattform präsentieren sich Dokumentarfilme, die die Vielfalt an Menschen, Themen und Erzählformen abbilden.

Die Dokumentarfilminitiative docfilm42 e.V. begrüßt die Programmrichtlinie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, „den gesamtgesellschaftlichen Diskurs (…) zu fördern“, „ein Gesamtangebot für alle zu unterbreiten“ sowie „eine breite Themen- und Meinungsvielfalt darzustellen“ (§ 26.1 Sätze 3, 4 und 6, § 26.1 Satz 8, § 26.2).

 

docfilm42 e.V. kommentiert § 26 und § 31 wie folgt:

  1. Dokumentarische Formen, insbesondere der lange formoffene Dokumentarfilm, gehören zum Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen Angebots. Unter formoffen verstehen wir Filme, die der Vielfalt der Menschen und Themen durch Mut und Entwicklungsfreude in der Form gerecht werden und dadurch ein unverwechselbarer und attraktiver Teil des Programms sind.
  2. Die Vielfalt an Menschen, Themen und Erzählformen abzubilden, kennzeichnet den formoffenen Dokumentarfilm. Besonders wichtig erscheint uns in diesem Zusammenhang der Verweis auf § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
  3. Formoffenheit fördert demokratische Meinungsbildungsprozesse, schärft die Debattenkultur und trägt damit entscheidend zu einem gesamtgesellschaftlichen Diskurs bei.
  4. Der formoffene Dokumentarfilm ist im öffentlich-rechtlichen Programmangebot stark unterrepräsentiert. Das Gesamtangebot an vielfältigen dokumentarischen Formaten muss ausgebaut werden. Mehr Sendeplätze im linearen Programm von ARD und ZDF, insbesondere zur Hauptsendezeit, müssen bereitgestellt werden. Eine gut wahrnehmbare Platzierung auf den Startseiten der Mediatheken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist notwendig.
  5. Der Begriff „Ausgewogenheit“ bei der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags und der in diesem Rahmen präsentierten Produktionen ist kritisch zu hinterfragen, denn eine Definition dieses Begriffes durch eine meinungsführende Gruppe ist in diesem Zusammenhang nicht auszuschließen.
  6. Mut zur Adressierung auch kleinerer Zielgruppen ist gefordert, die Quote als Qualitäts- bzw. Erfolgskriterium hat in der sich rapide wandelnden, sich zunehmend digitalisierenden Medienlandschaft keinen Bestand mehr.
  7. Die hierarchische Ordnung in den Sendern wird zurückgebaut und das Prinzip Dezentralität kommt in den Programm- und Redaktionsstrukturen zum Tragen.
  8. Der Etat für die Finanzierung dokumentarischer Arbeiten wird erheblich erhöht und auch dem deutlich vermehrten Aufkommen dieses Genres im Programm angepasst.
  9. Eine Außenkontrolle erfolgt durch Beiräte, die die Vielfalt der Gesellschaft abbilden und die von einem unabhängigen Gremium besetzt werden.
  10. Ein senderunabhängiger Medieninnovationsfonds finanziert aus der Haushaltsabgabe wird eingerichtet. In diesem Real-Labor werden Inhalte, Vergabeverfahren, Finanzierungsmodelle, Lizenzmodelle und Evaluierungsverfahren für öffentlich-rechtliche Qualitätsmedien grundlegend neu gedacht, um sonst nicht finanzierbare kreative und investigative Dokumentarfilme bereitzustellen. Der Medieninnovationsfonds ist in Ergänzung zum öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrag zu sehen.

 

 

docfilm42 e.V.

Der Vorstand:
Susanne Dzeik
Peter Ohlendorf
Claudia Morar