Weichenstellung Lebensprägung Heim

Regie: Markus Ziegler / 31 min. / 2018 / Deutsch / Deutschland

BRD-Heimerziehung zwischen 1949 und 1975. Fünf Protagonisten, die als Kinder und Jugendliche systematisch unterdrückt, misshandelt und missbraucht wurden, erzählen ihre Geschichten. Ein Film über Schmerz, Willen und Würde.

Regie: Markus Ziegler
Produktion: Markus Ziegler, 5R filmproduktion
Kamera: Christian Bäucker
Schnitt: Markus Ziegler

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Aus heutiger Sicht ist die pädagogische Grundlage schwer nachvollziehbar, nach der viele Kinder und Jugendliche in deutschen Jugend- und Erziehungsheimen zwischen 1949 und 1975 erzogen wurden. Erziehungsmaßnahmen und ein eiserner Umgangston bestimmten den Tagesablauf von zehntausenden jungen Menschen, die heute als Erwachsene nach überwiegend jahrzehntelanger Verdrängung mit Schrecken an ihre Zeit im Heim zurückdenken.
Die fünf Protagonisten des Films waren alle in baden-württembergischen Einrichtungen untergebracht. Glaubhaft berichten sie von alltäglicher physischer Gewalt und systematischer Unterdrückung. In ihrer Funktion als Zeitzeugen geben sie uns dadurch einen tiefgreifenden Einblick in das „System Heimerziehung“ von damals. Auszüge aus ihren Einzelfallakten, verfasst von den damaligen ErzieherInnen und zuständigen Fürsorgeämtern, führen als begleitende Tonspur durch den Film. Allein die sachlich-bürokratische Sprache der Berichte und Beurteilungen zeugt von einem streng autoritären, auf Kontrolle ausgelegten Menschenbild.
Im direkt geführten Kontrast der Perspektiven, im Widerspruch zwischen emotionsloser Analyse und eindringlich geschilderten Erlebnissen, wird dem Zuschauer ein assoziatives Gefühl für die Ohnmacht und Hilflosigkeit der damaligen Kinder und Jugendlichen vermittelt. Als Opfer eines toxischen Systems haben sie ihr gesamtes Leben lang mit den Folgen zu kämpfen.

CREW
Regie: Markus Ziegler
Kamera: Christian Bäucker
Schnitt: Markus Ziegler
Ton: Tobias Bilz
Musik: Paul Malcharek, Markus Ziegler
Produktion: Markus Ziegler, 5R filmproduktion
Sprecher: Edgar Potengowski

MARKUS ZIEGLER
Nach einem Bachelorstudium JOURNALISMUS und einem Masterstudium AUDIOVISUELLE MEDIEN zog es Markus von seinem Geburtsort Stuttgart nach Berlin an die DEUTSCHE FILM- UND FERNSEHAKADEMIE BERLIN (DFFB). Dort absolvierte er ein dreijähriges Drehbuchstudium, für das er ein Stipendium wegen herausragender Leistungen erhielt. Seit seinem Abschluss 2011 arbeitet er als freier Autor für renommierte TV-Produktionsfirmen und schrieb diverse Drehbücher für abendfüllende Spielfilme. Regelmäßig arbeitet Markus auch an dokumentarischen Formaten. Er wird vertreten durch den VERLAG DER AUTOREN in Frankfurt/Main.

IM FALLEN (Kinofilm mit Samuel Perriard / R: Samuel Perriard / P: Catpics / in Vorbereitung)
DIE UNSICHTBAREN Kommissarin Lucas (mit Stefan Dähnert / R: Sabine Bernardi / P: Olga Film / ZDF 2019)
POLLY Kommissarin Lucas (mit Stefan Dähnert / R: Nils Willbrandt / P: Olga-Film / ZDF 2018)
LÖWENHERZ Kommissarin Lucas (mit Stefan Dähnert / R: Ralf Huettner / P: Olga Film / ZDF 2018)
WEICHENSTELLUNG – Lebensprägung Heim (Dokumentation / P: 5R Filmproduktion & Markus Ziegler 2015)
SCHWARZER PANTHER (mit Samuel Perriard / R: Samuel Perriard / P: dffb / Stickup Filmproduktion 2013)
MIT DEM RÜCKEN ZUR WAND (aus der Serie Großstadtrevier / R: Marcus Weiler / P: Studio Hamburg / ARD 2012)

Als ich vom Landesarchiv Baden-Württemberg angefragt wurde, einen Film für eine Ausstellung zum Thema Heimerziehung zu machen, war mir nicht klar, wie flächendeckend und systematisch Kinder und Jugendliche bis Mitte der 70er Jahre in Erziehungseinrichtungen ausgebeutet und misshandelt wurden. Das Thema war ein dunkler Fleck in meinem Erfahrungshorizont und die Arbeit am Film ein behutsames Herantasten an den Schmerz, den so viele ehemalige Heimkinder erleiden mussten. Zunehmend wurde mir klar, dass ich trotz der großen Zeitspanne seit dem Geschehenen (zwischen Dreharbeiten und Erlebten lagen teilweise bis zu 60 Jahre), diesem Schmerz so nah wie möglich kommen musste.

Für die fünf Personen, die im Film ihre Geschichte erzählen, war der Prozess der Auseinandersetzung ein emotionaler Kraftakt. So offen hatten sie wohl noch nie mit einer fremden Person über die Geschehnisse von damals gesprochen. Basis der intensiven Interviews waren ausführliche Vorgespräche, bei denen jedes Mal ein grundlegendes Bedürfnis zutage trat: Die Offenbarung der eigenen Geschichte soll dazu beitragen, dass so etwas nie wieder geschieht. Um einen geeigneten Rahmen dafür zu schaffen, bauten wir die Sets bei den Protagonisten zuhause. Dadurch kreierten wir eine Form der Normalität und Privatsphäre, in der das persönliche Trauma behutsam beleuchtet werden konnte. Früh war mir klar, dass ich die Protagonisten weniger als Opfer inszenieren will, sondern vielmehr als Zeitzeugen, deren Geschichte exemplarisch für viele steht. So behalten sie trotz der intimen Berichte über Misshandlung und Folter stets ihre Würde.

Es war ein psychologischer und emotionaler Drahtseilakt, der, wie ich mit etwas Abstand sagen kann, geglückt ist. Die menschliche Direktheit, mit der ich auf meine Gesprächspartner zuging, sie spiegelt sich im Ergebnis wieder. Ich vertraute darauf, dass es gut kommt, sie vertrauten mir und gaben sich dem Prozess hin. Mit dem fertigen Film ist diese Energie in der Welt – ganz im Sinne der Sache, der Aufarbeitung, des Nicht-Vergessens.

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