Die Frauen der Solidarność

Regie: Piotr Śliwowski, Marta Dzido / 103 min. / 2014 / Polnisch (UT: Deutsch) / Poland

Der Film rekonstruiert die bisher kaum erzählte Geschichte der in der polnischen Solidarność engagierten Frauen. Anfang der 1980er Jahre zählte die freie und selbstverwaltete Gewerkschaft „Solidarność“ über 10 Millionen Mitglieder. Die Hälfte davon waren Frauen. Viele von ihnen waren jahrelang in der Opposition aktiv. Nach der Verhängung des Kriegsrechts und dem Verbot der Solidarność 1981 waren es in erster Linie Frauen, die die konspirativen „Untergrund“-Strukturen aufbauten und die Bewegung weiterführten. Aber kaum eine von ihnen hatte Funktionen in den Führungsgremien der Gewerkschaft inne.
Die Solidarność und ihr langjähriger Anführer, der Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa, wurden zu Ikonen des gewerkschaftlichen und demokratischen Widerstands. Die Frauen, die sich unter erheblichen persönlichen Risiken und Opfern in der Solidarność engagierten, sind im öffentlichen Bewusstsein fast nicht präsent. Die Regisseurin Marta Dzido hat sich auf die Suche gemacht. Sie versucht herauszufinden, warum die Erinnerung an die „weibliche Seite“ der Opposition so komplett in Vergessenheit geraten ist.

Regie: Piotr Śliwowski, Marta Dzido
Drehbuch: Marta Dzido
Kamera: Magdalena Mosiewicz, Michał Wiśniowski, Piotr Śliwowski
Schnitt: Marta Dzido, Piotr Śliwowski
Produktion: Emotikonfilm, Piotr Śliwowski

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Sie hatten die besten Jahre ihres Lebens vor sich.

Frauen von Mitte Zwanzig bis Mitte Dreißig, die statt der sogenannten kleinen Stabilisierung und verhältnis- mäßiger Ruhe den Aufstand wählten. Es gab Versuche, ihre Ehen zu zerstören. Sie erhielten Drohungen, ihre Kinder kämen ins Waisenhaus oder würden in einen unglücklichen Unfall verwickelt, wenn sie nicht mit der Staatssicherheit zusammenarbeiteten. Ihnen wurde die Ausreise angeboten, wenn sie dafür ihre staatsfeindliche Tätigkeit aufgäben.

Sie machen weiter.

Als an einem Samstag im August 1980, als die mit den Lohnerhöhungen zufriedenen Arbeiter ihren Streik beendeten und die Danziger Werft verlassen wollten, schlossen die Frauen die Werkstore und begannen einen Solidaritätsstreik. Ohne die Initiative dieser Handvoll entschlossener Frauen hätte es den August 1980 womöglich nicht gegeben. Während des Kriegszustands, als die Männer verhaftet oder interniert waren, übernahmen die Frauen ihre Aufgaben. Sie gaben unabhängige Zeitungen heraus und bauten eine Radiostation auf.

Ihnen ging es nicht um führende Funktionen in den Gewerkschaftsgremien. Ihnen ging es um die Sache und die Ergebnisse ihrer Arbeit. Als Radio Solidarność eine illegale Sendung brachte, blinkten in ganz Warschau die Lichter in den Wohnungen zum Zeichen, dass die Menschen den Sender emp ngen. Die Untergrundzeitschrift „Tygodnik Mazowsze“ erschien in einer Au age von über 10.000 Exemplaren. Einige nannten sie: die Damenoperations- einheit.

Kraft gaben ihnen der Glaube an den Sinn der Revolution, die Ho nung auf Veränderung, ihr Zusammengehörig- keitsgefühl.

Sie sahen die Möglichkeit der Befreiung Polen von der Sowjetunion. Ihr Ziel waren Freiheit und Demokratie.

Beim Runden Tisch waren sie nicht dabei. Sie ließen zu, dass sie in Vergessenheit gerieten, während ihre Kollegen im freien Polen hohe Regierungsämter übernahmen. Politik, das ist nichts für mich, dachten sie.

Sie kämpfen bis heute – aber anders als damals.

Henryka hilft Familien in ehemaligen staatlichen Landwirtschaftsbetrieben. Joanna schreibt kritische Feuilletons über den Kapitalismus und die Mechanismen der modernen Wirtschaft. Barbara vermittelt jungen Frauen Führungskompetenzen. Ewa ist bis heute in der Gewerkschaft Solidarność aktiv. Barbara meint: in dem freien Polen, für das sie gekämpft hat, sind die Frauen immer noch unfrei. Jadwiga fragt: welches freie Polen? Auf die Frage: Wo ist die Solidarność heute? Antwortet Henryka: Bei mir zuhause!.

Joanna sagt: Die Solidarność lässt sich nicht wiederholen. Aber das Wissen, dass eine andere Welt möglich ist, macht Ho nung.

Originaltitel Solidarność według kobiet, Polen, 2014, 103 Minuten.

CAST
Im Film treten folgende Personen auf
Jadwiga Chmielowska, Anna Dodziuk, Joanna Duda-Gwidzuda, Janina Jankowska, Henryka Krzywonos, Ewa Kubasiewicz, Barbara Labuda, Helen Łuczywo, Ewa Ossowska, Zofia Romaszewska, Bozena Rybicka, Grazyna Staniszewska, Jadwiga Staniszkis, Ludwika Wujec, Ewa Zydorek, Alina Pinkowska, Maryla Płonska, Anna Walentynowicz u.a.

CREW
Drehbuch: Marta Dzido
Regie: Piotr Śliwowski, Marta Dzido
Kamera: Magdalena Mosiewicz, Michał Wiśniowski, Piotr Śliwowski
Schnitt: Marta Dzido, Piotr Śliwowski
Musik: Maria Holka
Produzent: Piotr Śliwowski
Produktion: Emotikonfilm Piotr Śliwowski
Verleih: Sabcat Media

Marta Dzido – geboren 1981, Schriftstellerin, Dokumentar lmerin und Cutterin. Studium an der Polnischen Filmschule in Łódź. Autorin dreier Romane: Ślad po mamie (Spur der Mutter, 2003), Małż (Die Muschel, 2005) und des Hypertextes Matrioszka (Matroschka, 2013), die alle auch als Theaterstücke adaptiert wurden. Kamera- frau des Dokumentar lms Podziemne państwo kobiet (Untergrund-Staat der Frauen, 2010) und Co-Regisseurin des Dokumentar lms Downtown – Miasto Downow (Downtown – Die Stadt Downów, 2010), der 2011 den Holly- wood Eagle Documentary Award gewann.

Piotr Śliwoski – geboren 1972, Filmemacher, Produzent und Reporter. Studium der Sozialwissenschaften an der Universität Warschau. Zwischen 2005 und 2012 Reporter und Produzent für den Kulturkanal des polnischen Fernsehens, TVP Kultura. Sein erster eigenständiger Film als Co-Regisseur (gemeinsam mit Marta Dzido) und Pro- duzent ist die Dokumentation Downtown – miasto Downów (Downtown – Die Stadt Downów, 2010). Regisseur und Produzent der historischen Dokumentar lm-Serie Unabhängige Kultur in der Polnischen Volksrepublik (5 Teile, 2010). Er war zudem an dem künstlerischen Filmprojekt Repetition (einer Wiederholung des Stanford-Prison- Experiments) von Artur Zmijewski (Biennale, Venedig, 2005) beteiligt.

Der Film rekonstruiert die bisher kaum erzählte Geschichte der in der polnischen Solidarność engagierten Frauen. Anfang der 1980er Jahre zählte die freie und selbstverwaltete Gewerkschaft „Solidarność” über 10 Millionen Mitglieder. Die Hälfte davon waren Frauen. Viele von ihnen waren jahrelang in der Opposition aktiv. Nach der Verhängung des Kriegsrechts und dem Verbot der Solidarność 1981 waren es in erster Linie Frauen, die die konspirativen „Untergrund”-Strukturen aufbauten und die Bewegung weiterführten. Aber kaum eine von ihnen hatte Funktionen in den Führungsgremien der Gewerkschaft inne.

Die Solidarność und ihr langjähriger Anführer, der Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa, wurden zu Ikonen des gewerkschaftlichen und demokratischen Widerstands. Die Frauen, die sich unter erheblichen persönlichen Risiken und Opfern in der Solidarność engagierten, sind im öffentlichen Bewusstsein fast nicht präsent.

Die Regisseurin Marta Dzido hat sich auf die Suche nach diesen vergessenen Frauen gemacht. Sie fragt nach ihrer Rolle in der Oppositionsbewegung in den 1970er und 1980er Jahren, nach den Beweggründen für ihr Engagement und zeichnet ihre Lebenswege nach der Wende 1989 nach. Sie versucht herauszufinden, warum die Erinnerung an die „weibliche Seite” der Opposition so komplett in Vergessenheit geraten ist, und den Frauen den ihnen zustehenden Platz in der Geschichte zurückzuerobern.

PRESSE
„Die Frauen der Solidarność“ ist ein kluger Film über politische Bewegungen in Europa, der Fragen über Geschichtsschreibung und die darin entworfenen Männlichkeitskonstruktionen aufwirft. Sehenswert!
Dagmar Brunow, feministische studien

Presseheft (PDF)

FESTIVALS & AWARDS
Internationale Uraufführung: am 6. Dezember 2014 in Kino Muranow in Warschau, während des 14. Internationalen Film Festival Watch Docs.

The New York Polish Film Festival
Hauptpreis: The Krzysztof Kieslowski Beyond Borders Award 2015

International Film Festival WATCH DOCS. Human Rights in Film, Warschau
Publikumspreis 2015

Preis des Polnischen Rundfunks Kulturysta Roku 2014
Nominierung für M. Dzido und P. Śliwowski

Dok lmfestival Niepokorni, Niezłomni, Wyklęci, Gdynia
Lobende Erwähnung „Goldener Widerstand“

Sonderpreis des Direktors des Polnischen Instituts für Filmkunst 2015